3 Fragen an die Erasmus-Alumna Geraldine Rauch

Die Präsidentin der TU Berlin im Kurzinterview
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Sie waren im Rahmen Ihres Studiums 2006 ein Semester mit Erasmus an der Cardiff University. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen? Und welche Erfahrungen haben Sie aus dieser Zeit für Ihre spätere Karriere mitgenommen?

Mein Ziel war und ist es immer gewesen, mir ein möglichst unabhängiges und vielfältiges Bild von der Welt und dem Wissen der Menschheit zu machen. Differenziertheit im eigenen Denken kann man nur erlangen, indem man unterschiedliche Perspektiven, Kulturen, Informationsquellen und Meinungen kennt. Ein Auslandsaufenthalt während des Studiums kann den Horizont da entscheidend erweitern. Die Erasmus-Zeit in Cardiff war anders, als ich es aus meinem Studium in Bremen kannte, und es war eine wichtige Erfahrung für mich, das Neue mit Freude zu erleben, aber auch zu erkennen, was ich in meiner Heimat schätze und vermisse.

Ein Auslandsaufenthalt während des Studiums kann den Horizont da entscheidend erweitern.
Geraldine Rauch

Im 100-Tage-Programm des Präsidiums werden die interne Weiterbildung für Hochschulmitarbeitende und die Weiterentwicklung der entsprechenden Angebote als Ziele definiert. Wo sehen Sie dabei Erasmus+ mit seinen vielfältigen Förderlinien?

Aktuell leben wir in einer Welt mit sich zuspitzenden globalen politischen, gesundheitlichen und klimatischen Krisen und daraus resultierenden zunehmenden Verteilungskämpfen. Selten war Verständigung zwischen Kulturen und Menschen so wichtig wie heute. Das kann keine Digitalisierung ersetzen. 

Porträtbild von Professorin Dr. Geraldine Rauch, Präsidentin der TU Berlin
© Philipp Arnold/TU Berlin

Geraldine Rauch studierte Mathematik an der Universität Bremen. Ihre Doktorarbeit absolvierte sie bei der Firma Roche Diagnostics GmbH in Penzberg. Von 2009 bis 2016 lehrte und forschte sie an der Universität Heidelberg und erhielt dort 2015 ihre Venia Legendi für das Fach Medizinische Biometrie. 2017 trat sie eine W3-Professur für Medizinische Biometrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf an. Nur 6 Monate später folgte sie einem Ruf an die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dort war sie Direktorin des Instituts für Biometrie und Klinische Epidemiologie und von 2020 bis 2022 Prodekanin für Studium und Lehre mit lebens- und gesundheitswissenschaftlichem Schwerpunkt. Seit dem 1. April 2022 ist die Mathematikerin Präsidentin der TU Berlin. Ihre Amtszeit beträgt 4 Jahre.

Klimawandel, Energiewende und nachhaltige Ressourcennutzung sind nur einige der aktuell großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Was kann eine Hochschule wie die TU Berlin dabei zur Lösung beitragen?

Die Hochschulen sind Orte von Lehre und Forschung. In der Lehre bilden wir die nächsten Generationen aus – wir geben jungen Menschen das Wissen und die Kreativität mit, damit wir gemeinsam Lösungen für unsere globalen Probleme finden können. In der Forschung arbeiten wir intensiv an zukunftsweisenden Technologien. Die TU Berlin setzt sich schon seit Jahren für Projekte gegen den Klimawandel ein. 

Was die TU Berlin aber wirklich einzigartig macht: Die Menschen an der TU Berlin sind keine Mitläufer*innen – sie diskutieren hitzig und kontrovers und hinterfragen alles. Das machen die Studierenden, die Wissenschaftler*innen, unsere Professor*innen und die vielen Universitätsgremien. Das habe ich so noch an keiner anderen Universität erlebt und ich bin überzeugt davon, dass es diese kritische Haltung ist, die die Menschheit weiterbringen wird. 

Die Fragen stellte Marcus Klein