Ein Verein von Studierenden für Studierende

Das Bielefeld International Student Network
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Die Universität Bielefeld hat eine sehr engagierte Studierendenschaft und vielfältige von Studierenden organisierte und getragene Institutionen. Seit dem Frühjahr 2022 zählt dazu das Bielefeld International Student Network. Ziel des BISN ist es, die Aktivitäten von und für Studierende im internationalen Bereich zu bündeln, zu professionalisieren und in weiterer Folge institutionell auf europäischer Ebene zu verbinden, um damit studentischer Teilhabe und Vernetzung neue Optionen zu eröffnen.

Der Impuls aus dem International Office

Eines ist für Markus Symmank, Leiter des International Offices (IO) der Universität Bielefeld, wichtig: Das studentische Engagement an der Hochschule ist breit, gerade im internationalen Bereich; ein Beispiel dafür sei der Internationale Studierendenrat (International Student Council, ISR), eine internationale Studierendenvertretung, der mit der Universitätsverwaltung und dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Hochschule zusammenarbeite und sich für die Interessen und Bedürfnisse der internationalen Studierenden einsetze. Genauso habe es immer aus dem IO heraus entlang der Mobilität organisierte Betreuungsangebote gegeben, die über die Lokale Erasmus+ Initiative (LEI) sowie ViSiB (Verein zur Förderung internationaler Studierender in Bielefeld) mit Hochschule und Bürgerschaft verbunden seien. 

«Wo wir definitiv Nachbesserungsbedarfe haben, ist aber die institutionelle und organisatorische Vernetzung der verschiedenen Maßnahmen für Studierende, die zu uns kommen oder vorübergehend ins Ausland gehen, die Incomings und Outgoings», erläutert Symmank. «Eine naheliegende Option war das Erasmus Student Network, das bislang hier in der Region Ostwestfalen-Lippe nicht vertreten ist. Es verfügt über die Professionalität, die Ressourcen und die Vernetzungsangebote, die uns weiterbringen und ganz neue Möglichkeiten eröffnen würden.» Henrik Sundermann, «ein junger Kollege im International Office, der sich für diese Thematik interessiert», griff den Anstoß auf.

Foto von Angelika Epple
© Universität Bielefeld

Für die Universität Bielefeld geht studentisches Engagement weit über das hinaus, was in Ordnungen und Regelungen gefasst ist. Zahlreiche Gruppen und Initiativen prägen unseren akademischen Alltag. Als Rektorat steht unsere Tür für Studierende und deren Vertreter*innen weit offen. Wir sehen uns regelmäßig und nehmen Impulse auf, wo auch immer wir können. 

Professorin Michaela Vogt, Jasmin Azari für den AStA, Matteo Gentile als studentischer Senator haben dieses Bielefelder Verständnis in unser Europäisches Hochschulnetzwerk NEOLAiA hineingetragen. In einem Treffen von Studierenden aller 9 Standorte war es beeindruckend zu hören, wie unterschiedlich studentisches Engagement quer durch Europa verstanden und umgesetzt wird. BISN hat hier eine interessante Brückenfunktion außerhalb der Gremien, aber mitten im Geschehen.

Professorin Dr. Angelika Epple Prorektorin für Forschung und Internationales, Universität Bielefeld
https://neolaiacampus.eu/members/#bielefeld

Die Gründung eines neuen Vereins

Auf Initiative Henrik Sundermanns fanden sich im Frühjahr 2022 engagierte Studierende der Universität und der Hochschule Bielefeld (HSBI) zusammen. «Wir wollten internationale und lokale Studierende der beiden Hochschulen mit- und untereinander vernetzen, ihnen Möglichkeit zum akademischen und sozialen Austausch eröffnen und schließlich offizielle Sektion des Erasmus Student Network werden», erklärt Sundermann. Unterstützung erhielten er und seine Mitstudierenden dabei von einem Mitglied einer bestehenden ESN Sektion: Luís Henriques vom ESN Göttingen, selbst internationaler Student aus Portugal und ehemaliges Board-Mitglied bei ESN Germany. Er zeigte Sundermann, was notwendig war, um als Sektion im ESN aufgenommen zu werden.

Dazu gehört zwar nicht die Gründung eines eingetragenen Vereins; Sundermann und seine Mitinitiatorinnen und Mitinitiatoren entschieden sich allerdings für diesen Schritt, da man dadurch beispielsweise ein Konto eröffnen und Social-Media-Angebote und -Plattformen annehmen beziehungsweise bespielen könne, sagt Franziska Cieslik, die Communication Managerin des Ende Juni gegründeten und Anfang August 2022 im Vereinsregister des Amtsgerichts Bielefeld eingetragenen Vereins. Die Präsenz auf sozialen Medien war dann auch der Grund – neben dem bestehenden Kontakt nach Göttingen –, warum viele andere nationale ESN-Sektionen auf BISN aufmerksam und Sundermann und 4 weitere Mitglieder im November 2022 zur National Assembly in Göttingen eingeladen wurden, wo sich der Verein offiziell als Kandidatensektion vorstellen konnte.

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Kooperation zwischen Studierenden und Hochschule

Seit 1. Januar 2023 ist das Bielefeld International Student Network zudem offiziell als die Lokale Erasmus+ Initiative der Universität Bielefeld anerkannt. Damit erhält die Gruppe von der NA DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine finanzielle Förderung, um Studierende der Universität zu einem Auslandsaufenthalt (Studium oder Praktikum) zu motivieren und internationale Studierende dabei zu unterstützen, sich an der Hochschule zu orientieren und in das neue Umfeld zu integrieren.

Um das für eine erfolgreiche LEI notwendige Engagement von Studierenden zu erreichen sowie auf BISN und auf das Thema «Internationalität» aufmerksam zu machen, besuchen Sundermann und seine Mitstreiter die regulären Ersti-Veranstaltungen in den Fakultäten. Aus demselben Grund arbeiteten sie gerade in der Gründungsphase außerdem eng mit dem IO der Universität zusammen. Das bedeutete unter anderem das Teilen von Wissen mit dem Verein, zum Beispiel in welchen Zyklen die internationalen Studierenden nach Bielefeld kommen, und die Nutzung von E-Mail-Verteilerlisten, um (internationale) Studierende zu erreichen. «Diese Unterstützung von einer universitären Institution wie dem International Office hat enorm dabei geholfen, als Hochschulgruppe Fuß zu fassen», konstatiert Cieslik.

Porträtfoto von Franziska Cieslik und Henrik Sundermann auf dem Uni-Campus
© Privat

Franziska Cieslik und Henrik Sundermann bringen Erasmus+ Erfahrungen in die BISN-Arbeit ein: «Die im Laufe meines Aufenthalts in Bologna gemachten Erfahrungen und die Denkweise, die man mit dem Eintauchen in eine andere Kultur und in einer anderen Umgebung erhält, prägen mein Leben, sowohl beruflich als auch privat.» (Sundermann). «An finnischen Universitäten wird großer Wert auf Eigenständigkeit und Reflexion gelegt. Ich habe dort definitiv nochmal einen anderen Umgang mit Studieninhalten gelernt.» (Cieslik).

Die institutionelle Einbindung von BISN

Die Gruppe steht weiterhin in Kontakt mit dem IO, aber auch mit anderen Hochschulgruppen und -organen an der Universität wie dem ISR oder Organisationen mit ebenfalls internationalem Bezug wie AIESEC, einer globalen Plattform von jungen Menschen für junge Menschen, die ihr Führungspotenzial verschiedenster Art entwickeln möchten. «Ein wesentlicher Partner ist für uns der AStA, der uns vor allem finanziell bei verschiedenen Gelegenheiten helfen konnte und dies immer noch tut», ergänzt Sundermann. «Dazu gehören die Finanzierung von Werbemaßnahmen oder die Rückerstattung von Kosten für unsere Mitglieder bei Treffen mit anderen ESNlern.»

So wichtig diese Kooperationen und Hilfestellungen unzweifelhaft sind, betont Sundermann zur gleichen Zeit, dass es sich bei BISN um keine Institution der Universität Bielefeld handele. «Wir sind eine ‹freiwillige› Hochschulgruppe, die gänzlich vom ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder abhängig ist. Sie wird von Studierenden für Studierende betrieben.» Außerdem, und auch das unterstreicht er, ist BISN nicht auf die Universität beschränkt. Seit Anbeginn zählt der Verein gleichfalls Studierende der HSBI zu seinen derzeit rund 20 Mitgliedern. So kämen beispielsweise die Finanzverwalterin und der Ansprechpartner für andere ESN-Sektionen von der Fachhochschule. 

Campus der Uni Bielefeld
© Universität Bielefeld

An der Uni Bielefeld waren im WS 2021/2022 rund 25.000 Studierende eingeschrieben. 2019 rangierte die Hochschule unter den Top 20 der jungen Universitäten weltweit.

Zu den Aktivitäten, ihrem Sinn und Zweck

BISN ist in erster Linie eine Vernetzungsgruppe. Das bedeutet unter anderem, dass die vielen internationalen Studierenden, die jedes Jahr beispielsweise mit Erasmus+ für 1 oder 2 Semester nach Bielefeld kommen, mit den lokalen Studierenden zusammengebracht werden sollen. Ohne diese Kontakte, das zeigt die Erfahrung, passiert es allzu schnell, dass Internationals einzig und allein in der internationalen Community verkehren und kein Austausch stattfindet. Dafür bietet BISN verschiedene niedrigschwellige Events an; zu Beginn des Sommersemesters 2023 war das zum Beispiel eine Welcome Week. In nächster Zeit stehen ein Ausflug in einen Freizeitpark auf dem Programm und Sprachtandems, durch die Incoming- und (potenzielle) Outgoing-Studierende miteinander vernetzt werden sollen. «Viele dieser Angebote, wie Museumsbesuche oder Städtetrips, dienen gleichzeitig zur Kulturvermittlung», führt Cieslik aus. «Es sind also nicht bloß reine Spaßveranstaltungen.»

Darüber hinaus gibt es aber noch zahlreiche weitere Aspekte, die von BISN über Veranstaltungen adressiert werden. Diesbezüglich lehnt sich die Gruppe an das Erasmus Student Network und dessen sogenannte 6 Anliegen (causes) an: «Education & Youth», «Environmental Sustainability», «Health & Wellbeing», «Skills & Employability», «Social Inclusion» und «Culture». BISN holt damit zentrale und aktuelle Themen der heutigen Gesellschaft ab und versucht, diese aus der Sicht von Studierenden nachhaltig zu beeinflussen.

Die Gründe für das Engagement

Die BISN-Mitglieder identifizieren sich mit diesen Anliegen und erkennen ihre Bedeutung; das ist ein Grund, warum sie sich einbringen. Ein weiterer sind die persönlichen Erfahrungen, die sie im Studium in Bielefeld oder im Ausland gemacht haben. «Tatsächlich waren wir ALLE bereits über einen längeren Zeitraum im Ausland oder befinden uns durch den Aufenthalt in Deutschland gerade ‹im Ausland›», betont Sundermann. «Wir wissen, dass im Ausland die eigenen Interessen häufig nicht identisch sind mit denen der lokalen Studierenden. Hier springen wir als BISN in die Bresche.» Durch die bunte Mischung der Mitglieder und den Fokus auf Internationalisierung würden automatisch viele Anliegen internationaler Studierender vertreten. 

«Unser nächster Schritt – die Mitgliedschaft im ESN – wird diesen Aktivitäten den notwendigen Schub geben, um einen Unterschied zu machen und unser Handeln auf das nächste Level zu heben», zeigt sich Alina Godglück überzeugt. Durch die nationale Vernetzung könne den Interessen von Studierenden aus Bielefeld über die Grenzen der Stadt hinaus Gehör verschafft werden, erläutert die Vize-Vorständin von BISN. Mehr noch: Durch die seit über 30 Jahren bestehenden ESN-Strukturen werde Studierenden sogar in einem kurzen Zeitraum von 1 bis 2 Semestern in einem fremden Land soziopolitische und demokratische Teilhabe an der heutigen Gesellschaft ermöglicht. 

Die nächsten Schritte

Seit Ende Mai ist BISN offiziell eine Sektion von ESN Germany. Auf der in Düsseldorf abgehaltenen Generalversammlung der deutschen ESN-Sektionen wurde dem Antrag zugestimmt. Fortan ist der Verein Teil einer größeren Gemeinschaft mit allen den Vorteilen, die sich daraus für die eigene Tätigkeit und die Studierenden in Bielefeld ergeben.

Es ist tatsächlich nicht die Regel bei uns, dass sich Hochschulen für einen Standort bewerben. Aber wir haben es jetzt zum Beispiel in Bielefeld erlebt. Da wurden wir vom International Office der Universität mit dem Wunsch angesprochen, eine Sektion vor Ort zu haben. Wir haben dann geholfen, motivierte Studierende zu finden und den gesamten Prozess erklärt, der eigentlich ja sonst von Erasmus-Studierenden durchgeführt wird. Das hat hervorragend funktioniert und die haben eine tolle Gruppe sehr motivierter Studenten gefunden.
Alicia Pohl, Vice President ESN Germany (bis 30. Juni 2023)
Gruppenfoto des BISN-Teams auf dem Uni-Campus
© Franziska Cieslik

Das Team des BISN

Autor: Marcus Klein